Wie entsteht Muskelkater?
von Dr. Lutz Graumann, Sportmediziner
von Dr. Lutz Graumann, Sportmediziner
Wir kennen alle den unschönen Besuch am Tag nach einer harten Trainingssession - hallo Muskelkater! Aber wie und warum entsteht Muskelkater überhaupt?
Kraftverlust, Schmerzen, Muskelverspannungen, Steifheit und Schwellungen - typische Symptome des Muskelkaters, die jeder Sportler kennt. Muskelkater bzw. Delayed Onset Muscle Soreness (DOMS) ist eine unerwünschte Nebenwirkung eines intensiven Trainings. Häufig ist er die Folge von ungewohnten und überwiegend exzentrischen Übungen, wie z. B. dem Bergablaufen. Der Schmerz und die Leistungsminderung erreichen in der Regel unmittelbar nach dem Training oder innerhalb der ersten 48 Stunden ihren Höhepunkt, wobei die vollständige Erholung im Allgemeinen bei einem ausgeprägten Muskelkater mehr als 5 Tage dauert. Das Ausmaß der Verletzung oder der Schädigung des Muskels steht dabei häufig in Abhängigkeit des ursprünglichen Trainingszustands.
Was passiert währenddessen in unseren Muskeln?
Exzentrisches Training führt zu einer Verletzung der Zellmembran und löst eine Entzündungsreaktion aus. Diese Entzündung führt zur Synthese des Hormons Prostaglandin und des Botenstoffs Leukotrien. Das ausgeschüttete Prostaglandin verursacht dabei das Schmerzempfinden. Die Leukotriene erhöhen die Durchlässigkeit der Gefäße und locken spezielle weiße Blutkörperchen (Neutrophile Granulozyten) an den Ort der Schädigung. Durch die Bewegung von Zellen und Flüssigkeit aus dem Blutkreislauf in die entzündeten Zwischenräume kann das Schmerzempfinden verstärkt werden. Die Schmerzen und die Steifheit könnten eher mit der Entzündungsreaktion als mit der eigentlichen Schädigung zusammenhängen.
In welchem zeitlichen Verhältnis sollten Training und Regeneration zueinander stehen?
Das Verhältnis zwischen Training und Regeneration ist sehr stark abhängig vom Fitness- und Gesundheitszustand. Bei professionelle Athleten setzt die Ermüdung in speziellen Trainingsphasen mit mehreren intensiven Einheiten pro Tag teilweise später ein. Hobby-Athleten und Breitensportler brauchen mehr Zeit, um sich von Trainingsreizen zu erholen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sie bis zu 72 Stunden Ruhe benötigen, um wieder auf das Ausgangsniveau ihrer Leistungsfähigkeit zurückzukehren. Doch unabhängig von dem Sportlevel gilt: Sollte in dieser Zeit der Regeneration ein erneuter Trainingsreiz erfolgen, verlängert sich die benötigte Ruhe und endet im schlimmsten Fall in einer Abwärtsspirale oder bedingt eine Erhöhung des Infekt- und Verletzungsrisikos.
Welche Konsequenzen hat die Vernachlässigung der Regeneration?
Ohne ausreichende Erholung erzeugt ein intensiver Trainingsreiz unweigerlich Überlastungen, Übertraining und im schlimmsten Fall eine Verletzung.
Nicht ohne Grund sind führende Sportwissenschaftler und Sportmediziner der Meinung, dass nicht derjenige Radprofi die Tour de France gewinnt, der am besten Rad fährt, sondern derjenige, der am besten regeneriert.
Denn spätestens in der zweiten der drei Wochen dauernden Rennens, sind die Fahrer erschöpft und nicht mehr in der Lage, ihre absoluten Top-Leistungen zu bringen. Sie steigen dann schon vorermüdet zu den Etappen aufs Rad. Sichtbar wird das an den veränderten Blutwerten mit erhöhten Entzündungsmarkern, niedrigeren Hämatokrit- und Eisenwerten, vermehrtem Auftreten von Magen-Darm- und Atemwegsinfekten und einer „träger“ werdenden Herzfrequenz.
Autor
DR. LUTZ GRAUMANN
Dr. Lutz Graumann ist Arzt für Sportmedizin, Chirotherapie und Ernährungsmedizin. Sein Schwerpunkt liegt in der Förderung der individuellen Leistungsfähigkeit.
REFERENZEN
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6. "Lymphgefäße im zentralen Nervensystem entdeckt | National ...." 15 Jun. 2015, https://www.nih.gov/news-events/nih-research-matters/lymphatic-vessels-discovered-central-nervous-system. Accessed 7 Aug. 2021.